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Eins - zwei - drei - behandlungsfrei

So einfach ist es leider nicht - das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Bild: Pixabay

Eins - zwei - drei - behandlungsfrei

Doch das Ziel, bis 2033 varroaresistente Völker zu haben, ist heute durchaus erreichbar und keine Utopie mehr. Die Frage ist, welche Maßnahmen dafür effektiv sind.

Wir vom Bienenzuchtverein Öhringen haben schon sehr lange durch Abgabe von Larven besonders leistungsstarker Zuchtmütter die Selektion auf Honigertrag, Sanftmut, Schwarmträgheit und Vitalität mit viel Erfolg gefördert. Doch in Sachen Varroaresistenz stecken wir wie fast alle anderen Imker auch in einer züchterischen Sackgasse.
Seit 40 Jahren ist die Bekämpfung der Varroamilbe Thema Nr. 1 in jeder Versammlung. Drohnenbrut schneiden, Brutsperre, Oxalsäure, Ameisensäure usw. Und dennoch gibt es trotz intensiver Behandlungsmethoden immer wieder herbe Winterverluste. Warum ist das so?

Bild: www.barghorster-honig.de

Das Bienenvolk hatte bisher keine eigene Kraft, sich gegen die Milbe und deren Folgeerscheinungen durch Krankheitsviren erfolgreich zu wehren. Und wenn es dem einen oder anderen Volk gelang, ganz wenige Milben zu haben, hat es der Imker mit der Gewohnheit, alle Völker zu behandeln "weggebügelt". Mehr noch: eine gute Königin mit löchrigem Brutnest (da haben die Bienen verdächtige Zellen ausgeräumt) wurde grundsätzlich von der Zucht ausgeschlossen.
Es ist bekannt, dass, wenn auch nur ein einziger Drohn aus einem stechlustigen Volk bei der Begattung einer Jungkönigin dabei ist, ausreicht, um die Bearbeitung dieses nachfolgenden Bienenvolks zur Hölle zu machen.

Bild: Copilot KI-generiert

In den Genen stecken die Eigenschaften

Schon beim Öffnen des Volkes starten einige Hundert zum schmerzhaften Angriff. Stechlust vererbt sich dominant, Varroaresistenz leider rezessiv. Das bedeutet: Besitzt eine Königin das Gen in ihrem Chromosomensatz, zeigt sich dieses versteckte Gen nur, wenn sie von einem bzw. 20-25 reinerbig resistenten Drohnen begattet wird. Folgerichtig müssten auf allen Belegstellen Drohnenvölker stehen, die varroaresistent sind und ohne Behandlung das Jahr und vor allem den letzten Winter überstanden haben. Die Bedeutung der Drohnen für die Verbreitung resistenter Bienen wurde bisher unterschätzt.

Zuchtgruppe Bienenzuchtverein Öhringen

Nicht so bei allen Imkervereinen. So verteilt z.B. eine Züchtergenossenschaft in Dresden jedes Jahr kostenlos 300 Jungköniginnen aus resistenter Zuchtlinie in der Umgebung, wohlwissend, dass jede Drohne dieser Königinnen das Resistenzgen weiterverbreitet.
Eins - zwei - drei - behandlungsfrei - das ist das Ziel!
Wir Öhringer Imker haben nun eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich speziell diesem Thema widmen möchte. So stellen wir uns die Vorgehensweise vor:



Bild: Copilot KI-generiert

Wir im BV Hohenlohe-Öhringen gehen mit und packen es an!

  • Unser Bienenzuchtverein besorgt sich jedes Jahr überdurchschnittlich veranlagte Zuchtmütter mit den Merkmalen auf Honigertrag, Sanftmut, Schwarmträgheit, Vitalität UND Varroaresistenz verschiedener Rassen z. B. Carnica oder Buckfast.
  • Der Verein bezuschusst die Weitergabe von Zuchtlarven für jedes Mitglied im Imkerverein.
  • Die Mitglieder des Zuchtausschusses fahren mit den Jungköniginnen zu den Belegstellen (Carnica oder Buckfast) und bieten die begatteten Königinnen dann zu einem sehr günstigen Preis an.


Jeder lange Marsch beginnt mit dem ersten Schritt!

Wir im BV Hohenlohe-Öhringen gehen mit und packen es an!
Die wissenschaftliche Bienenforschung hat es mit sehr viel Einsatz geschafft, varroaresistente Bienen zu züchten. Dem zollen wir großen Respekt und sagen vielen Dank dafür. Dabei ist es uns letztendlich egal, ob die Gene dafür auf dem 1., 9. oder auch 10. Chromosom sitzen - aber es ist außerordentlich begeisternd, ein Video anzusehen, wie resistente Bienen Larven mit Milben ausräumen!

Geplante Vorgehensweise


Bivo-Begattungskaestchen
Bild: R. Schweizer

Da die Meisten von uns außer der Imkerei noch andere Hobbies haben, muss die Arbeit mit den Bienen zeitsparend sein.
Mein Weg ( R. Schweizer - natürlich wie immer nur eine Vorgehensweise von vielen möglichen...) sieht folgendermaßen aus:
Im Frühjahr, meistens April/Mai platziere ich das abklappbare Bivo-Rähmchen mitten in das Brutnest einiger Wirtschaftsvölker. Die Bienen bauen die Mittelwände aus, die Königin bestiftet in wenigen Tagen. Diese Brutwabe hänge ich über das Absperrgitter in den Honigraum. Nach 9 Tagen ist keine offene Brut mehr vorhanden und ich befülle mit den ansitzenden jungen Bienen einen Sammelbrutableger. Dieser bekommt dann die Zuchtlatte mit den Larven einer resistenten Zuchtmutter und die Bienen bauen die Königinnenzellen aus. Diese Zellen schütze ich sofort nach der Verdeckelung mit dem Nicot-Schutzkäfig ohne Begleitbienen. Dann klappe ich die Rahmen zusammen und hänge sie mit einer schlupfreifen Zelle oder auch schon geschlüpften Jungkönigin in das Bivo-Begattungskästchen. Die Königin schlüpft bei Honig, Brut und genügend Bienen aller Altersklassen sozusagen ins Paradies.

Dann gehen nach 1-3 Tagen Kellerhaft alle zu den resistenten "Jungs" auf die Belegstelle. Davor wird das Kästchen mit Namen und Adresse und - ganz wichtig! - mit der auf "Drohnensperre" eingestellten Drehscheibe plus Gesundheitszeugnis versehen. Nach der Abholung verbleiben die Völkchen noch ca. 2 Wochen im gut isolierten Begattungskästchen und dann wird die Wabe aufgeklappt und in einer normalen Beute mit sehr kleinem Flugloch ganz vorne eingehängt. 2 Futterwaben und ein Wärmeschied werden dazugegeben. Ist die Königin Anfang Juni gestartet, entwickelt sich das Völkchen bis zum Herbst zu einem überwinterungsfähigen Volk.

Wer sicher gehen will, dass die Varroaresistenz auch funktioniert, sollte Mitte August 50 oder 100 Brutzellen mit weißen Puppen öffnen. Findet man nicht mehr als 4 % mit Milben befallenen Zellen, kann man dem Winter getrost entgegenschauen. In diesem Sinne viel Erfolg und Spaß mit den Bienen.

Rainer Schweizer
Zuchtgruppe Varroaresistenz 2033
BV Hohenlohe-Öhringen